Arbeitszeugnis04.08.2023

Hat man Anspruch auf eine Schlussformel im Arbeitszeugnis?"Wir danken Herrn X für seine Mitarbeit und wünschen ihm für die Zukunft alles Gute"

Wer als Arbeitnehmer aus einem Unternehmen ausscheidet, hat Anspruch auf ein Arbeitszeugnis. Eine wichtige Passage des Arbeitszeugnisses ist die Schlussformel. In dieser drückt der Arbeitgeber seinen Dank aus und wünscht den Arbeitnehmer für sein zukünftiges Leben alles Gute. Es dient der Abrundung des Arbeitszeugnisses. Doch wie muss die Schlussformel genau ausgestaltet sein und ist der Arbeitgeber verpflichtet, das Arbeitszeugnis mit einer Schlussformel zu versehen?

Über die Schlussformel im Arbeitszeugnis, die richtige Gestaltung und den richtigen Inhalt von Arbeitszeugnissen wird viel diskutiert. Klar ist wohl, dass ein Arbeitszeugnis mit einer möglichst ausführlichen und wohlwollenden Schlussformel „besser“ ist als ein Zeugnis, das nur eine knappe oder gar keine Schlussformulierung enthält. Eine übliche Formulierung könnte beispielsweise wie folgt lauten:

„Wir bedauern das Ausscheiden von Herrn A. außerordentlich, danken ihm für seine langjährige Mitarbeit und wünschen ihm für seinen künftigen Lebensweg beruflich und privat weiterhin viel Erfolg und alles erdenklich Gute.“

Im Rahmen arbeitsrechtlicher Auseinandersetzungen wird gelegentlich die Frage aufgeworfen, ob Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch auf eine Zeugnis-Schlussformel geltend machen und durchsetzen können. Dies ist jedoch nicht der Fall.

Bundesarbeitsgericht sieht keine Verpflichtung für eine Schlussformel im Arbeitszeugnis

Laut dem Bundesarbeitsgericht besteht keine Pflicht für den Arbeitgeber eine Schlussformel in ein Arbeitszeugnis aufzunehmen. Diese seit Jahren gefestigte Rechtsprechung wurde zwar im Grundsatz von den Instanzgerichten aufgenommen. Es gibt dennoch anderslautende Entscheidungen. Wir zeigen hier die wesentliche Rechtsprechung zu der Frage der Schlussformel im Arbeitszeugnis nach:

Bundesarbeitsgericht sieht keine Verpflichtung

Das Bundesarbeitsgericht, Urteil from 20.02.2001, Fn. 9 AZR 44/00 entschied, dass der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf eine Abschlussformulierung in seinem Arbeitszeugnis habe. Es führte dazu aus, dass nach § 630 BGB (ebenso nach § 73 HGB und § 113 GewO) der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Zeugnis über Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses sowie über Führung und Leistung zu erteilen habe und es keine „Geheimzeichen“ enthalten dürfe. Das Fehlen einer Schlussformel sei aber kein solches „Geheimzeichen“. Denn die Schlussformel gehöre nicht zu dem gesetzlich bestimmten Mindestinhalt eines Zeugnisses.

Anderslautende Entscheidungen

Das Landesarbeitsgericht Köln, Urteil from 29.02.2008, Fn. 4 Sa 1315/07 sah die Sache anders. Zwar stimmte es insoweit mit dem Bundesarbeitsgericht überein, dass der Arbeitgeber nicht insgesamt verpflichtet sei eine Schlussformulierung aufzunehmen. Nehme er eine solche jedoch auf, dürfe diese nicht im Widerspruch zum sonstigen Zeugnisinhalt stehen und diesen nicht relativieren.
Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil from 03.11.2010, Fn. 12 Sa 974/10  bejahte ebenso eine Pflicht des Arbeitgebers auf Erteilung einer positiven Schlussformel. Dies jedenfalls dann, wenn eine überdurchschnittliche positive Beurteilung des Leistungs- und Führungsverhaltens des Arbeitnehmers erfolgte bzw. dem Arbeitnehmer eine Bewertung über ein „befriedigend“ zustehe. Denn in diesem Fall könne das Weglassen der Schlussformel geeignet sein, die Beurteilung abzuwerten.

Gleichlautende Entscheidungen

Der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts schloss sich allerdings das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil from 03.02.2011, Fn. 21 Sa 74/10 an. So führte es aus, dass eine freundliche Schlussformel, sofern kein Bezug zum privaten und/oder beruflichen Werdegang erfolge, nicht die Kundgabe wirklicher oder vorgeblicher Empfindungen sei, sondern wahre nur allgemeine Standards der Höflichkeitsform. Daher habe der Arbeitgeber keine Verpflichtung, eine auf die Gesamtnote abgestimmte Formulierung zu verwenden.

Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hat das Bundesarbeitsgericht, Urteil from 11.12.2012, Fn. 9 AZR 227/11 bestätigt. Der Arbeitgeber ist gesetzlich nicht verpflichtet, das Arbeitszeugnis mit Formulierungen abzuschließen, in denen er dem Arbeitnehmer für die geleisteten Dienste dankt, dessen Ausscheiden bedauert oder ihm für die Zukunft alles Gute wünscht. Aussagen über persönliche Empfindungen des Arbeitgebers gehören nicht zum notwendigen Zeugnisinhalt. Das Bundesarbeitsgericht wich somit nicht von seiner Rechtsprechung ab.

Neue Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zur Schlussformel im Arbeitszeugnis

Im Jahr 2022 hat das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 25.1.2022 (9 AZR 146/21)) seine bisherige Rechtsprechung nochmals bekräftigt. Ein Arbeitnehmer hat danach keinen Anspruch darauf, dass von Arbeitgeberseite eine Schlussformel in das Arbeitszeugnis aufgenommen wird.

Bei der rechtlichen Prüfung der Frage, ob der Zeugnisanspruch gemäß § 109 Gewerbeordnung (GewO) einen Anspruch auf eine Schlussformel beinhaltet, sind auf Arbeitgeberseite die Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) und die Unternehmerfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) bzw. auf Seiten der Arbeitnehmenden deren Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) in den Blick zu nehmen.

Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts hat das Interesse des Arbeitgebers, seine persönliche Einstellung zum Arbeitnehmer oder seine Gefühle nicht offenlegen zu müssen, bei der Abwägung dieser Grundrechtspositionen weiterhin Vorrang vor dem Interesse des Arbeitnehmers an einer Zeugnis-Schlussformel.

Gemäß § 109 Abs. 1 Satz 3 der Gewerbeordnung (GewO) muss ein qualifiziertes Zeugnis Informationen über die Leistung und das Verhalten des Arbeitnehmers enthalten, wobei eine Zeugnis-Schlussformel in diesem Zusammenhang nichts zu diesen Angaben beiträgt. Wenn die Schlussformel ein notwendiger Bestandteil eines qualifizierten Zeugnisses wäre, müsste der Arbeitgeber seine Gefühle offenlegen. Dies würde seine durch Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte negative Meinungsfreiheit beeinträchtigen, also das Recht, keine Meinung äußern zu müssen.

Diese Rechtsfrage wurde am 04.08.2023 aktualisiert. Hier die neuesten Rechtsfragen.

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source:refrago/rb/pt
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